Geschichte des Rathauses zu Dessau

Die Geschichte des Rathauses zu Dessau
Dei Geschichte des Rathauses der Stadt Dessau

Die Geschichte des Rathauses zu Dessau reicht bis in das Jahr 1336 zurück. Mit der Übertragung des ehemaligen Kaufhauses am 12. März 1336 auf die Fürsten Albrecht und Waldemar liegt die Geburtsstunde des Rathauses zu Dessau, da in diesem Gebäude die Bürgerschaft ihre Versammlungen abhielt.

Über einen Neubau wird in den Geschichtsbüchern erstmalig im Jahre 1563 berichtet, welcher nach mehreren Reparaturen und Restaurationen 1882/83 grundlegend umgebaut wurde.

Bereits 1895 wurde, aufgrund des akuten Platzmangels, mit der Planung von Abriss und Neubau des Rathauses begonnen. Nach einer 4-jährigen Plannungsphase wurde das Vorhaben ab dem Oktober 1898 umgesetzt.

Nachdem bereits während der Bauphase der Rathausbau durch zwei starke Stürme im Januar und April 1901 behindert wurde brach am 2. April 1910 ein Feuer im Rathaus aus, welches große Teile des Gebäudes zerstörte oder schwer beschädigte.

Erneut, während eines Luftangriffes am 7. März 1945, stark beschädigt, wurde das Rathaus in schwierigen Zeiten bis 1952 wiederum aufgebaut und bei dieser Gegenheit nochmals erweitert.

Die Geschichte bis 1895
Das Rathaus zu Dessau kurz vor dem Umbau um 1880

An der Stelle unseres Neubaues befand sich im dreizehnten Jahrhundert ein Kaufhaus, welches gegen Ende des dreizehnten Jahrhunderts vom Landsherren der Familie Dreycken zum Erblehn übergeben und am 12. März 1336 mit allen Erträgnissen der Stadt zu ihrem Rechte von den Fürsten Albrecht und Waldemar für ewige Zeiten übertragen wurde. In diesem alten Gebäude, welches, wie auch in anderen deutschen Städten, die Bürgerschaft zu ihren Versammlungen benutzte, haben wir das älteste Rathaus zu erblicken.

Von der weiteren Geschichte desselben wissen wir nichts, wahrscheinlich ist es im Jahre 1467 mit der Stadt verbrannt. Auch ein Ersatzbau hierfür scheint wiederum durch Feuer zu Grunde gegangen zu sein, da nach einer alten Urkunde der Rath im Jahre 1527 sein eigenes Rathaus hatte, und doch nicht anzunehmen ist, daß die damals schon wohlhabende Stadt sechzig Jahre lang ohne Rathaus geblieben sein sollte. Das vor drei Jahren (1899) abgebrochene Rathaus scheint daher das dritte gewesen zu sein, welches nach der Jahreszahl über dem früheren Eingange zum Thurm im Jahre 1563 errichtet wurde. In seinen oberen Räumen enthielt es die große und die kleine Rathsstube, den Rathssaal und die Rüst- und Schatzkammer. Im unteren Stock befanden sich der Rathskeller mit zwei Stuben, einer großen für das Publikum und einer kleineren für den Rath.

An der Vorderseite des Rathauses befand sich auch der sogenannte "Vogelbauer" oder das "Narrenhäuschen", ein von starken Eisenstäben hergestelltes Gitterhaus, welches erst anfangs des neunzehnten Jahrhunderts abgebrochen wurde. Dem Rathaus war in der Zerbster Straße ein mit einer Haube gekrönter achteckiger Thurm vorgelegt, in welchem eine Wendeltreppe nach den oberen Geschossen hinaufführte. Im Jahre 1825 mußte die Bedachung des Rathausthurmes repariert und, weil die Spindel verfault war, der Thurmknopf abgenommen werden. Bei dessen Eröffnung fand man eine Kapsel von Kupfer, deren Inhalt infolge mehrerer aus dem Kriege herrührenden im Thurmknopf befindlichen Schußlöcher durch Nässe so beschädigt war, daß die Schriften nicht mehr zu lesen waren. Am 15. Juli 1825 wurde der neue Thurmkopf aufgesetzt und eine Urkunde eingelegt. In der selben wird der Name des regierenden Herzogs aufgeführt, die Zahl der Behörden, die Landesmünze, die Steuerverhältnisse, die Kriegsleiden in den Jahren 1806 und 1813, ein Nachweis der Innungen und Gewerbe und eine Aufzählung des Rathspersonals.

Erinnerungsplakette von 1780 im Innenhof des Rathauses zu Dessau

Der Giebel am Markte wurde 1827 restauriert, er enthielt die Stadtuhr mit Glocke. Ein dritter Giebel befand sich nach der Scharrngasse. Das Portal im Thurm mit dem Löwenkopf als Schlußstein des Halbkreisbogens, zweikonsolenartigen Menschenköpfen und dem in Stein gehauenen Stadtwappen mit der Jahreszahl 1563 sowie das Eingangsportal zum Ratskeller vom Jahre 1601 mit einem Gesims, Obelisken und Bodengiebel mit Muschel sind im Hofe unseres Rathauses wieder angebracht.

Am 21. Februar 1882 beschloß der Gemeinderath, das Rathaus umzubauen, da es räumlich nicht mehr ausreichte und der alte baufällige Dachstuhl sich nicht mehr durch Reparaturen halten ließ. Als Bausumme wurden 60.000 Mark bewilligt, welche aber erheblich überschritten wurde. Am 1. Mai wurde das Rathaus geräumt, die Bureaus wurden nach dem alten Gymnasialgebäude in der Kavalierstraße verlegt. Der Abbruch und der Aufbau wurden so gefördert, daß am 1. Mai 1883 das Rathaus wieder in Benutzung genommen werden konnte. Schon wenige Jahre nach der Vollendung des Umbaues im Jahre 1883, der Reserven nicht vorgesehen hatte, stellte es sich heraus, daß die neu geschaffenen Räumlichkeiten nicht ausreichten, um die Verwaltung aufzunehmen. Im Jahre 1885 mußte vom Rathskeller ein Zimmer in Benutzung genommen und im Jahre 1887 das eine Geschoß des der Stadt gehörigen Kalthoffschen Nachbarhauses zur Verwaltung hinzugezogen werden. Die Zugänglichkeit und die Lichtverhältnisse ließen viel zu wünschen übrig. Die Kassenlokale waren schlecht beleuchtet, der Aufgang zum Magistrat und Bauamt geschah durch eine Wendeltreppe, die den Verkehr sehr erschwerte. Die Armenverwaltung mußte mit niedrigen und ungesunden Räumen vorlieb nehmen. Die Steuerkasse bekam ihr Licht von der Scharrngasse. In einem Magistratsberichte heißt es, daß die Einrichtungen aller Kassen den Anforderungen der Feuersicherheit einfach Hohn sprächen und nicht mehr verantwortet werden könnten. Das Gesamtbild sei überaus kläglich und unwürdig geworden. ...

Quelle: 2) Allerlei vom Rathaus zu Dessau

Die Planung des neuen Rathauses 1895 bis 1898
Das Rathaus zu Dessau um 1900

Die erste Konkurrenz

Am 27. April 1895 stimmte der Gemeinderat dem Antrag der Kommission auf Errichtung eines Neubaues bei und stellte am 15. Juni die Bedingungen für die Konkurrenz fest. Zu dem öffentlichen Wettbewerb wurden die deutschen Architekten eingeladen. Die gesamten Baukosten sollten die Summe von 600.000 Mark nicht überschreiten. Zur Verteilung von drei Preisen wurde eine Summe von 9.000 Mark bestimmt. Dem Ausschreiben war ein genaues Programm beigegeben, wonach das Rathaus am Markt errichtet, und zwar innerhalb des bestehenden Baublocks, so daß die Scharrngasse erhalten bleiben sollte. Schon bei der Frage der Wahl der Preisrichter wurde im Gemeinderat in der Sitzung vom 29. Juni 1895 von einigen Seiten der vorhandene Platz als zu klein bezeichnet und eine Vergrößerung desselben nach Süden gewünscht. Die Verhandlungen über den Ankauf der südlich der Scharrngasse liegenden Häuser nahmen damals ihren Anfang und haben bis in die neueste Zeit hinein den Gemeinderat beständig beschäftigt. In der Sitzung des Gemeinderates vom 2. April 1895 wurde nach längerer eingehender Debatte mit fünfzehn gegen dreizehn Stimmen beschlossen, die Konkurrenzbedingungen derart abzuändern, daß zwei Projekte, und zwar das Projekt des Kommissionsantrages, und ein zweites Projekt, bei welchem die südlich an die Scharrngasse angrenzenden Grundstücke und das Rettigsche Haus mit hineingezogen werden und bei welchem die nördliche Flucht durch Verlängerung der Flucht vom Marcusschen Hause gebildet werden sollte, zu bearbeiten seien. Dieser letzte Beschluß wurde bereits am 22. November 1895 mit sechzehn gegen elf Stimmen durch namentliche Abstimmung abgelehnt, so daß nunmehr das Preisausschreiben für den Rathausbau zwischen Scharrngasse und kleinem Markt zur Ausschreibung kam.

Auf die Ausschreibung waren von neunundvierzig Absendern einundfünfzig Projekte eingegangen. Über dieselben sollte das Preisgericht, welches, abgesehen von drei Vertretern des Gemeinderates und vom Hofbaurat Boettger, aus den Herrn Geheimer Regierungsrat Professor Ende - Berlin, Geheimer Regierungsrat Professor Otzen- Berlin und Geheimer Baurat Professor Dr. Wallot - Dresden bestand, Entscheidung treffen. In einer Sitzung vom 14. Oktober 1896 wurden die Projekte eingehend besprochen. Einundzwanzig Entwürfe wurden von vornherein, und nach eingehender Erwägung fünfzehn weitere Entwürfe als minderwertig ausgeschieden. Zur engeren Wahl blieben demnach fünfzehn Entwürfe, welche zur Begutachtung unter die Mitglieder des Preisgerichts durch Loos verteilt und deren Referate angesichts der Pläne von dem Plenum festgesetzt wurden. Die bei Begutachtung ermittelten Relativwerte der Projekte wurden in vier Stufen dargestellt, von denen die dritte und vierte von der Preisverteilung ausgeschlossen wurden. In der ersten und zweiten Stufe verblieben sechs Arbeiten. Nach eingehender Beratung kam das Preisgericht einstimmig zu dem Beschluß, daß keiner dieser Entwürfe so hervorragend sei, um die Verteilung des ersten Preises zu rechtfertigen. Es wurde deshalb von der Befugnis des Ausschreibens in den allgemeinen Bestimmungen und Paragraph 7 der Grundsätze für das Verfahren bei öffentlichen Konkurrenzen Gebrauch gemacht und einstimmig beschlossen, je 3.000 Mark den Herrn Artthur Wienkoop-Mannheim und Erdmann & Spindler-Berlin, 2.000 Mark Herrn Ludwig Engel - Berlin, 1.000 Mark Herrn Karl Voß - Kiel zuzubilligen, dagegen die Pläne der Herren Jürgen Kröger - Wilmersdorf bei Berlin und Reinhardt & Süßenguth - Berlin dem Gemeinderat zum Ankauf zu empfehlen.

Das Preisgericht hielt es einstimmig für seine Pflicht, darauf hinzuweisen, daß die Konkurrenz in ihrem Gesamtresultat den Beweis erbracht habe, daß eine Unterbringung der verlangten Räume in drei Geschossen ganz erwünscht bleibe, daß dies aber nur geschehen könne, wenn

  1. der Sitzungssaal und die Kommissionszimmer in das zweite Obergeschoß verlegt würden, wobei der Dachboden für die Sitzungssaalhöhe auszunutzen sei;
  2. die Räume durchweg eine erhebliche Tiefe erhalten würden, als für deren gute Beleuchtung erwünscht sei, und
  3. der Hof so erheblich eingeschränkt werde, daß er nicht mehr den Anforderungen an Luft und Licht für ein Monumentalgebäude entspräche.

Sonach müsse das Gebäude entweder mindestens teilweise zu vier Geschossen erbaut werden, oder aber es müsse der beanspruchte Raumbedarf ermäßigt werden. Der geistige Wert der Gesamtbewerbung sei ein relativ hoher. Dagegen dürfe nicht unerwähnt bleiben, daß sich in vielen Entwürfen, wenn auch nicht in den prämiierten, ein baukünstlerischer Impressionismus breit mache, der in einer wilden, charakterlosen Stilvermengung sich gefalle, wenn derselbe auch zuweilen durch hohe zeichnerische Leistungen unterstützt werde.

Die Notwendigkeit des Neubaues

In der Öffentlichkeit gewann der Rathausneubau immer mehr Freunde, da man sich der Notwendigkeit, eine Abänderung zu treffen, nicht verschließen konnte. Am 28. März 1897 berichtete der Magistrat über den Stand der Angelegenheit. Er führte aus, daß die frühere Idee, den Westflügel des Rathauses stehen zu lassen, um im Anschluß an denselben den Rest des Rathausblocks zwischen Markt und Scharrengasse mit einem neuen Hause zu besetzen, nur noch von ganz wenigen Personen verteidigt würde. Längere Zeit habe die Absicht, einen völligen Neubau auf dem bisherigen Block auszuführen, ziemlich unangefochten bestanden, oder doch die Mehrheit des Gemeinderates für sich gehabt. Gegen dieses Projekt habe sich eine lebhafte Agitation geltend gemacht. Ein Teil der Einreden sei ohne weiteres als völlig verfehlt zu betrachten, dagegen seien eine Anzahl Einwendungen ernsthaft zu nehmen, so z. B., daß der hohe Bau in der engen Scharrengasse des nötigen Lichtes entbehren würde, daß bei einem solchen Bau, der für den Bedarf der Jahrhunderte bestimmt sei, große Grundflächen für weitere Bauten in Reserve bleiben müßten, daß ein monumentaler Hof notwendig sei, und, daß die Verbreiterung der Straße um 3 Meter, von 11 auf 14 Meter, an der Nordwestecke nicht ausreichend sei.

Immer entschiedener trete die Meinung hervor, durch Expropriation der Molkerei, des Hahnschen und Rettigschen Hauses das Rathaus in die Lage zu bringen, daß die nördliche Flucht des Rathauses sich mit der Fortsetzung der Südfront der Rathausstraße decke. Da aber durch den Ankauf der drei Häuser der Flächeninhalt nur um 1.760 Quadratmeter anwachse, sei auch dem Gedanken näher zu treten, ob man nicht das Rathaus ganz verlegen könne. Dies könne nur geschehen, wenn man in einer Gegend bliebe, die mitten im Verkehr und mitten in der Stadt läge, wobei immer das Gedenken stehen bleibe, daß historisch an allen Orten und auch in Dessau das Rathaus am Markte liege. Auch sei eine so schöne Stelle wie die Südseite des kleinen Marktes nirgends zu finden. Auf Grund dieser Erörterungen wurde das Grundstück Kavalierstraße 16 und der Flemmingsche Garten, neben dem Erbprinzlichen Park, in Erwägung gezogen.

Die vom Magistrat aufgestellten Baukosten wurden für das kleine Projekt auf 1.300.000 Mark und für das Kavalierstraßen-Projekt auf 750.000 Mark berechnet. Das Resultat der Beratungen war, daß die Bau- und Finanzkommission bei herzoglicher Regierung die Auswirkung des Enteignungsrechts wegen des Hahnschen Grundstücks und der Molkerei beantragte und für den Bau die Direktive gab, daß zwischen einigen in der Konkurrenz ausgezeichneten Architekten eine neue beschränkte Konkurrenz stattfinden solle. Die Fluchtlinie der Schloßstraße solle bestehen bleiben, dagegen solle die Fluchtlinie nach Nordwesten von den Architekten vorgeschlagen werden, wobei die Zerbster Straße eine Breite von 18 Meter erhalten und die Fluchtlinie nach Norden nirgends über die bestehende Rathausfront vorspringen solle.

Das Rathaus in Dessau mit Jubeldenkmal

Die zweite Konkurrenz

Am 15. Mai 1897 beschäftigte sich der Gemeinderat sehr eingehend mit diesem Antrag. In namentlicher Abstimmung wurde mit neunzehn gegen zehn Stimmen beschlossen, die früheren Beschlüsse aufzuheben. Sodann kam der Kommissionsantrag zur Abstimmung, welcher mit zweiundzwanzig gegen siebzehn Stimmen mit der Abänderung angenommen wurde, daß die Front der Nordseite auch um einige Meter zurückgerückt werden könne. Den abgeänderten Beschlüssen entsprechend wurden neue Bedingungen zur Einreichung von Entwürfen aufgestellt, wozu außer den beim ersten Wettbewerb beteiligt gewesenen Architekten neun neue, darunter vier Dessauer, eingeladen wurden. Als Preisrichter wurden Herr Geheimer Baurat Wallot - Dresden und Herr Geheimer Baurat Ende - Berlin gewählt. Den bei der früheren Konkurrenz mit ersten Preisen ausgezeichneten Herren wurde für den Fall der Einsendung eines brauchbaren Entwurfs eine Entschädigung von 750 Mark in Aussicht gestellt.

Das Programm hatte in seinen Hauptbestimmungen folgenden Wortlaut: "Das zu erbauende Rathaus soll am kleinen Markt errichtet werden. Die Fluchtlinie nach Osten in der Schloßstraße ist im wesentlichen die bisherige, wie dies der Lageplan ersichtlich macht, und kann von dieser Fluchtlinie nur nach Maßgabe des Artikels 14 des Ortsbaustatuts abgewichen werden. Nach Norden und nach Westen dagegen sollen die Architekten ihrerseits eine Fluchtlinie vorschlagen, die jedoch nach Westen der Zerbster Straße überall eine Breite von mindestens 18 Meter läßt und die nach Norden nirgends über die jetzige Rathausfront vorspringt; im Gegenteil ist nach Norden ein Zurücklegen um etwa 2 Meter erwünscht. Innerhalb dieser Grenzen kann nach Norden und Westen die Begrenzung des Gebäudes von den Architekten beliebig gewählt werden unter Verwendung und thunlichster Ausnutzung des jetzigen Rathausblocks, der Scharrngasse, des Hahnschen und Molkereigrundstücks. Im Lageplan sind die Höhenlagen Trottoirs angegeben. Der Haupteingang ist möglichst an den Markt zu legen, weitere Eingänge sind an beiden Nebenseiten verlangt. Es steht den Verfassern frei, einen oder zwei Höfe anzuordnen; dieselben müssen vermittelt einer Durchfahrt oder Einfahrt zugänglich sein, wobei die Anlage eines öffentlichen Durchgangs von der Zerbster- zur Schloßstraße vorzusehen ist. Die beiden Flügelbauten an der Zerbster- und Schloßstraße sind so einzurichten, daß eine Erweiterung nach Süden zu leicht ist.

Auf die ergangenen Einladungen gingen neun Entwürfe ein, von denen von den Preisrichtern von vorn herein vier als minderwertig ausgeschrieben wurden. Von den verbleibenden fünf Projekten wurde der Entwurf der Herren Architekten Reinhardt Süßenguth - Charlottenburg dem Kennwort "So zwitschern die Jungen" als die beste Lösung der Aufgabe bezeichnet. Die zweite Stelle wurde der Arbeit des Herrn Architekten Wienkoop - Gera zuerkannt, die dritte den Herren Erdmann & Spindler - Berlin, die vierte Herrn Richard Walter - Charlottenburg, die fünfte Herrn Architekt Professor Frentzen - Aachen. Die genannten fünf Entwürfe gingen für den vereinbarten Preis von je 750 Mark in das Eigentum der Stadt über. Die Preisrichter empfahlen, die Herren Reinhardt & Süßenguth als Verfasser der hervorragendsten Arbeiten den Bestimmungen des Wettbewerbs entsprechend mit der weiteren Bearbeitung zu betrauen.

Das Referat der Preisrichter über die Arbeit der Herren Reinhardt & Süßenguth hatte folgenden Wortlaut:"Die Gesamtanordnung des Entwurfs zeichnet sich durch große Einfachheit aus. Die Zugänge sind günstig angeordnet und die gut verteilten Treppen sind von ihnen gut zu erreichen. Ganz besondere Anerkennung verdient der stattliche Hof, sowie auch das gelungene Zusammenlegen der Räume für die einzelnen Verwaltungszweige. Ein großer Vorzug der Gesamtanlage ist ihre Geschlossenheit, die Gebäudemassen sind vortrefflich gegliedert, und ist insbesondere durch Zurückschieben des Turmes in die Axe der Rathausstraße eine günstige Silhouette des Gebäudes erreicht. Bei weiterer Durchbildung der Außen-Architektur kann dieselbe nur gewinnen".

Der Auszug aus dem alten Rathaus

Am 29. Januar 1898 beschloß der Gemeinderat die Ausführung dieses Projekts. Für die örtliche Leitung des Baues wird ein besonderes Rathausbauamt unter der Oberleitung des Stadtbaumeisters in der Nähe der Baustelle errichtet und dafür ein erfahrener Techniker, bei dessen Auswahl die Architekten zu hören sind, nebst einem oder zwei Hilfstechniker angestellt. Inzwischen mußte die städtische Verwaltung während der vom 1. Oktober 1898 auf drei Jahre berechnete Bauzeit anderweitig untergebracht werden. Da durch die bevorstehende Vollendung der Kreisdirektion deren bisheriges Amtsgebäude in der Kaiserstraße mietfrei wurde, konnte das Haus für die Expeditionen des Magistrats, des Stadtbauamtes, der Stadtkasse gemietet werden. Die Polizeiverwaltung kam im Hause Zerbster Straße 57 unter, auf dessen Hofe ein Arresthaus errichtet wurde. Die Steuerkasse 1, das Steuerbureau und der Stadtgeometer bezogen das Anfang des Jahres 1898 angekaufte Haus Leopoldstraße 9. Da man mit Recht Schwierigkeiten wegen der Benutzung des Giebels des Rettigschen Hauses befürchtete, auch eine spätere Vergrößerung des Rathauses nur in der südlichen Richtung möglich ist, wurde das Rettigsche Haus für 95.000 Mark angekauft, in dessen Obergeschoß die Kunstsammlungen der Fraude- und Sintenisstiftung untergebracht wurden. Die Armenverwaltung hatte bereits 1896 in dem zwecks Durchlegung der Verbindungsstraße von der Zerbster Straße nach der Flössergasse angekauften Hause Zerbster Straße 66 Unterkunft gefunden. Ebenfalls waren das Standesamt daselbst untergebracht, die Expeditionen für das Versicherungswesen und die Volksbibliothek. Im städtischen Hause Franzstraße 20 befand sich schon seit längerer Zeit die Steuerkasse 2 und die zweite Polizeiwache.

Um Verwechslungen zu verhüten, wurden die Häuser als städtische Häuser 1 bis 5 bezeichnet, und in öffentlichen Bekanntmachungen wiederholt als solche aufgeführt. Trotzdem war nicht nur für das Publikum sondern vor allem für die Verwaltung die große räumliche Entfernung der einzelnen Häuser eine außerordentliche Erschwerung. Auch wurde während der ganzen Jahre die Enge der Räume, das Fehlen von Warteräumen, ausreichenden Korridors sehr drückend empfunden.

Das öffentliche Verfahren über die Einziehung der Scharrngasse wurde sofort eingeleitet. Durch die Zusage eines öffentlichen Durchgangs von der Zerbster Straße über den Hof des Rathauses zur Schloßstraße gelang es, die von den Anwohnern erhobenen Einsprüche zu beseitigen. Große Schwierigkeiten entstanden durch das Enteignungsverfahren des Grundstücks Zerbster Straße 48 und der Molkerei. Mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Sache wurde von Herzoglicher Regierung die Stadt für berechtigt erklärt, die Gebäude abzureißen, unbeschadet des Rechtsverfahrens wegen der zu zahlenden Entschädigung. Auf Grund von Sachverständigen - Gutachten bot die Stadt einen Preis von 42.728 Mark für das Haus Zerbster Straße 48, und 67.810 Mark für das Molkereigrundstück. Da die Eigentümer sich hiermit nicht einverstanden erklärten, wurde Klage gegen die Stadtgemeinde erhoben. Mit der Eigentümerin des Hauses Zerbster Straße 48 kam ein Vergleich dahin zustande, daß die Stadtgemeinde die Summe von 60.000 Mark zahlte, wogegen die Eigentümerin die Klage zurückzog. Das Verfahren wegen Enteignung der Molkerei ist noch nicht abgeschlossen. Gegen das Urteil des Landgerichtes vom 11. Oktober 1899, welches die Summe von 21.340 Mark zum gebotenen Kaufpreis zusprach, haben die Kläger Einspruch erhoben, so daß das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Naumburg noch schwebt. Die sehr entgegenkommenden Vergleichsvorschläge der Stadt sind zurückgewiesen, so daß bei der Einweihung des Rathauses der seit drei Jahren geführte Streit noch nicht beendigt werden konnte.

Der Abriss des alten Rathauses

Im August des Jahres 1898 trafen die von den Rathausbau-Architekten sehr sorgfältig ausgearbeiteten Bauzeichnungen nebst Kostenanschlag ein. Dieselben wurden im Sitzungssaale ausgelegt und von Herrn Reinhardt eingehend erläutert. Nachdem Herr Architekt Möbius aus Berlin im Oktober die örtliche Bauleitung übernommen hatte, wurde der Abbruch des Rathauses, für welchen eine Einnahme von 14.000 Mark erzielt wurde, begonnen und bis Anfang Februar beendet.

Ein Grundstein wurde trotz eifrigen Suchens nicht gefunden. Die aus dem untersten Mauerwerk herstammenden größeren Steine wurden zurückgelegt und später auf dem Kaiserplatz zur Erinnerung an das alte Rathaus mit der Bezeichnung "Grundsteine vom Rathaus 1563" aufgestellt. Um die umfangreichen Arbeiten durchzuführen, wurde ein besonderes Rathausbauamt eingerichtet. Die Leitung desselben führte unter Aufsicht des Magistrats und im Einvernehmen mit dem Stadtbaumeister Herr Möbius. Ihm wurden zur Unterstützung in der öffentlichen Bauleitung Herr Bauassistent Schütz, der leider nach wenigen Monaten verstarb, und Herr Bauassistent Kramer beigegeben. Die Registrande führte der Bauschreiber Herr Stürz. Die beiden letztgenannten Herren waren bereits beim Bau der von der Stadt errichteten Friedrichskaserne beschäftigt gewesen.

Quelle: 2) Allerlei vom Rathaus zu Dessau

Das neue Rathaus in Winterstürmen
Das Rathaus zu Dessau in einer historischen Aufnahme um 1915

Am Ende des Jahres 1900 war der Rohbau fertig. Da brauste in der Nacht vom 27. zum 28. Januar 1901 ein ungewöhnlich starker Sturm über Stadt und Land, richtete schwere Schäden in den Waldungen und an den Gebäuden an und ließ auch das neue Rathaus nicht verschont. In der Schloßstraße wurde die Krörnung des südlichen Frontgiebels aus der Höhe von 4 Stockwerken auf das Pflaster geschleudert. Die schlanke Spitze des Turms mit der Wetterfahne bewegte sich wie eine Gerte hin und her.

Als sich der Sturm gelegt hatte, stand sie schief. Die Untersuchung ergab, daß die Mannesmannröhren, aus denen der Schaft zusammengesetzt war, an den Ansatzstellen kleine Einbuchtungen erlitten hatten. Der Zierrat und die Wetterfahne waren für den Schaft zu schwer gewesen. Der Sturm hatte auch die Scheiben der Fenster im großen Sitzungssaal des Rathauses eingedrückt.

Man war noch mit der Beseitigung dieser Schäden beschäftigt, da brach am 4. April ein ähnliches Unwetter über der Stadt und Umgebung herein. Dabei wurde das zur Wiederherstellung der Turmspitze angebrachte Gerüst so stark verschoben, daß schwere Bretter sich lösten und im Fallen viele Schieferplatten des Rathausdaches zertrümmerten. Die Schäden wurden beseitigt, der Schaft der Turmspitze wesentlich verstärkt, und um 60cm verkürzt, Zierrat und Wetterfahne aus Kupfer hergestellt, um dadurch das Gewicht zu vermindern. Dadurch verlor der Turm, der bis zur äußeren Spitze ursprünglich 75 m gemessen hatte, etwas an Höhe.

aus: Häuserbuch der Stadt Dessau Heft 5

Quelle: 39) übernommene Inhalte der Seite Dessau-Geschichte bis 2009

Das Rathaus brennt - Der Rathausbrand anno 1910
Brand des Rathauses in Dessau im April 1910

Noch waren keine zehn Jahre seit dem Bau des Rathauses vergangen, als am Abend des 2. April 1910 ein Feuer ausbrach und große Teile des Gebäudes zerstörte. Wir zitieren einen zeitgemäßen Bericht:

"Sonnabend abend, gegen 1/2 11 Uhr, soll das erste Anzeichen des Feuers, ein flackernder Schein in dem Boden des Ostflügels des Gebäudes (Schloßstraße) bemerkt worden sein. Während die Feuerwehr alarmiert wurde, bemühte sich die Polizeiwache, die Flammen zu löschen. Es gelang ihr aber nicht, namentlich aus dem Grund, weil durch die Länge der Wasserleitung bis zur Höhe des Brandortes das Wasser nur geringen Druck abgab. Wenige Minuten nach 11 traf die Feuerwehr ein. Die Flammen schlugen da bereits bis zum Dachstuhl des Ostflügels heraus.

Man erkannte sofort, daß sich die Löschung des Brandes sehr schwierig gestalten würde. Ein starker Ostwind begünstigte die Ausbreitung des Feuers ungemein. Außerdem kam in Betracht, daß zwischen den einzelnen Flügeln keine Brandmauern vorhanden sind, sondern lange Bogenräume durch- und hinüber laufen. Das Holz dieser Räume war durch die Zentralheizung ausgetrocknet, so daß sich das Feuer mit Blitzesschnelle verbreitete. Ein Löschen im Inneren des Rathauses machte die furchtbare Hitze unmöglich. So mußte man sich auf das Vorgehen von außen beschränken.

Die Hydranten in den Korridoren des Rathauses kamen zur Löschung nicht in Betracht, da sie nur zur Unterdrückung kleiner entstehender Brände angelegt sind und für das Großfeuer zu geringen Wasserstrahl abgaben. Der starke Wind trieb die Flammen zunächst dem Nordflügel zu, in welchem sich der Gemeinderatssitzungssaal befand. Trotz der anstrengenden Tätigkeit der Wehr griff das Feuer weiter um sich. Ein ebenso schmerzliches wie grandioses Schauspiel zeigte sich dem Auge. Lichterloh schlugen die Flammen zu dem Nachthimmel empor und färbten ihn dunkelrot. Klirrend zersprangen die Fensterscheiben, und die Türmchen und architektonischen Schmuckstücke des schönen Renaissancebaues stürzten krachend zu Boden. Die züngelnden Flammen vollführten mit unheimlicher Geschwindigkeit ihr Vernichtungswerk.

Gegen 12 Uhr erreichte das Feuer den großen Giebel der Vorderfront. Er bog und senkte sich und stürzte auf die Straße. Die Spitze des Giebels flog nach innen auf den Dachboden. Von der Gewalt erschüttert, durchbrach dieser und fiel in den Gemeinderatssitzungssaal, der nun ebenfalls Feuer fing. Hell beleuchteten die Flammen die prächtigen kunstvollen Glasfenster, bis auch sie zersprangen und auf die Straße klirrten. In dem mit Holz getäfelten und mit Schnitzereien reich versehenen Sitzungssaal fand das Feuer ebenfalls reiche Nahrung. An die Rettung des herrlichen Saales war nicht zu denken; er brannte vollständig aus. Die ganze Inneneinrichtung im Werte von 90.000 Mark wurde vernichtet, darunter die zwei großen Wandgemälde von Professor Skarbina-Berlin, von denen das eine den Einzug des Fürsten Leopold in Dessau nach dem spanischen Erfolgskriege, das andere die Enthüllung des Jubeldenkmals auf dem Kleinen Markt darstellte. Zum Glück hielt der Fußboden des Gemeindesitzungssaales den auf ihn gestürzten Schuttmassen stand. So blieb das zweite Stockwerk vom Feuer verschont.

Die Erinnerungsplakette an die Architekten Reinhard und Süssenguth im Innenhof des Rathauses zu Dessau

Vom Nordflügel verbreitete sich später das Feuer nach Westen. Der ganze Dachstuhl des Rathauses und die Räume des Obergeschosses brannten vollständig ab...," die darunterliegenden Räume erlitten Wasserschäden. Nur der Turm ragte unerschüttert aus dem Flammenmeer empor und bot dann, wenn auch rauch-geschwärzt, einen um so mächtigeren Anblick über dem rauchgeschwärzten Dach.

Der entstandene Schaden ging weit über die Versicherungssumme hinaus. Der kulturelle Verlust war unersetzbar, lagerten doch auf dem Boden tausende Aktenstücken, alte Stadtrechnungen und sonstiges Archivmaterial bis in die Zeiten des Dreißigjährigen Krieges sowie die Bauzeichnungen des Rathauses.

Bereits am 4. April beschloß der Gemeinderat im Ratsstübchen des Ratskellers den Wiederaufbau, der der Baufirma Reinhardt & Süssenguth übertragen würde, die schon den Neubau ausgeführt hatte. Die vom Feuer verschonten Untergeschosse konnten von der Verwaltung bald wieder benutzt werden, andere Amtsstellen wurden in Behelfsräumen untergebracht. Ab 3. Mai 1912 stand der in alter Form hergerichtete Sitzungssaal dem Gemeinderat wieder zur Verfügung. Hatte der Bau des neuen Rathauses etwa 1 1/4 Million Mark gekostet, so waren für Wiederherstellungsarbeiten nebst den notwendigen Verbesserungen und Ausbauten 319.000 Mark erforderlich, die bis auf rund 63.000 Mark durch die Versicherungen bei der Landesbrandkasse und einigen Privatgesellschaften gedeckt waren.

aus: Häuserbuch der Stadt Dessau Heft 5

Quelle: 39) übernommene Inhalte der Seite Dessau-Geschichte bis 2009

Die Verlängerung des Rathausflügels an der Schloßstraße 1934/35
Das Rathaus zu Dessau in einer historischen Aufnahme von 1938

Auch das geräumige Rathaus von 1901 wurde bald zu eng. In der Frage des Feuerwehrdepots war 1912 Abhilfe geschaffen worden. Doch mit dem ständigen Wachstum der Stadt und der Angliederung neuer Amtsstellen (dem städtischen Arbeitsamt, einem Hygiene-Amt u.a.) kam die Raumfrage wieder auf die Tagesordnung. Die Stadt hatte 1912 schon vorsorglich die Häuser Am Kirchhof Nr. 1 und 2 erworben und fägte 1918 noch die anschließenden Grundstücke. Am Kirchhof Nr. 3 und Zerbster Straße Nr. 46 hinzu. Danach befand sich das ganze Straßenviertel zwischen Markt und Straße Am Kirchhof einerseits, Zerbster und Schloßstraße andererseits in städtischer Hand.

Bereits 1910, bei Gelegenheit der Beseitigung der Brandschäden, hatte der Magistrat durch die leitenden Architekten ein Projekt für einen Erweiterungsbau nach Süden ausarbeiten lassen. Es kam nicht zur Ausführung. Krieg und Nachkriegszeit verhinderten die dringend notwendige Erweiterung des eigenen Hauses. Das Stadtbauamt wurde 1929 in das ehemalige Palais Hilda (Zerbster Str. 61/62) verlegt, während das städtische Arbeitsamt im gleichen Jahr den durch Walter Gropius geschaffenen Rundbau auf dem Askanischen Platz (heute August-Bebel-Platz) beziehen konnte.

Erst 1934/35 wurde der Ostflügel des Rathauses unter Einbeziehung des Grundstücks Am Kirchhof Nr. 1, bis zur Straße Am Kirchhof verlängert. Man verzichtete auf jede Gliederung der Fassade bzw. Anpassung an die schon bestehende Front, sondern errichtete einen nüchternen, dreistöckigen Verwaltungsbau, der nur in der Dachhöhe mit einem älteren Bau übereinstimmte. Auch in diesem erweiterten Rathaus war nicht für alle Dienststellen Platz, so daß weiterhin andere stadteigenen Grundstücke mit benutzt werden mußten.

aus: Häuserbuch der Stadt Dessau Heft 5

Quelle: 39) übernommene Inhalte der Seite Dessau-Geschichte bis 2009

Der Wiederaufbau nach 1945
Das Rathaus zu Dessau in einer Aufnahme nach 1945

Am 7. März 1945 brannte das Rathaus in den Obergeschossen völlig aus. Der hohe Prunkgiebel nach dem Markt zu stürzte herab. Die Substanz des Baukörpers blieb jedoch, dank der starken Mauern und massiven Treppenhäuser, erhalten. Über die geschwärzten Mauern ragte der nur leicht beschädigte Turm weit hinaus. Die Räume des Ratskellers und der darüber liegenden Erdgeschoßzone blieben weitgehend intakt.

In den erhalten gebliebenen und nur leicht beschädigten Räumen richteten sich ab Juli 1945 die Organe der neuen Staatsmacht ein. Mit Hilfe der sowjetischen Genossen und unter Mitarbeit aller antifaschistischen Kräfte brachten sie das Leben in der zerstörten Stadt wieder in Gang. Der Zweijahresplan 1945/50 stellte auch die Mittel für den Wiederaufbau des Rathauses bereit. Die Pläne dafür entstanden in der Entwurfsgruppe Willy Stamm. Unter den schwierigen Bedingungen der Nachkriegszeit gestaltete sich der Wiederaufbau bescheidener, abgesehen davon, daß die Wiederherstellung der Architektur des Historismus völlig indiskutabel war. Der hohe Giebel nach dem Markt entfiel. An dieser Stelle des hohen Satteldachs trat ein flacheres ohne Dachreiter und Luken. Der Erker an der Ecke blieb in vereinfachter Gestalt. Der Ostflügel an der Schloßstraße wurde ohne Giebel, aber in voller Höhe wieder aufgezogen und erhielt an seinem Südende einen schmalen Kopfbau, in dem ein zweites Treppenhaus Platz fand. Der Westflügel, nun gleichfalls ohne Giebel, wurde durch Einbeziehung eines Teils des zerstörten Feuerwehrdepots erweitert und an die alte Südfront angebunden. Der alte kunstvolle Westeingang wurde durch eine geräumige Eingangshalle ersetzt, die zum Treppenhaus führt.

Die schnelle Verwirklichung des Bauplanes hemmte vor allem der Materialmangel. Der Ratskeller konnte am 1.3.1949 als HO-Gaststätte wieder eröffnet werden. Im Dezember 1950 wurde Richtfest gefeiert und am 18. November 1952 die westliche Eingangshalle für den Publikumsverkehr freigegeben. Auch in diesem etwas erweiterten Rathaus fanden nicht alle Dienststellen Platz, so daß einige weiterhin in stadteigenen Grundstücken verbleiben mußten und müssen.

aus: Häuserbuch der Stadt Dessau Heft 5

Quelle: 39) übernommene Inhalte der Seite Dessau-Geschichte bis 2009

Quellennachweis
2) H.S. Art'l: Allerlei vom Rathaus zu Dessau - 1902
39) Bernhard Hein: übernommene Inhalte der Seite Dessau-Geschichte bis 2009 - 2009

Die komplette Aufstellung der für die Erstellung dieses Webprojektes verwendete Literatur findet Ihr im Literaturverzeichnis.